Die Stadt Jena senkt den Hebesatz der Grundsteuer, viele Bürger müssen mehr bezahlen.

Grundsteuerbescheide in Jena: Stadt reagiert mit detaillierten FAQ auf anhaltende Bürgerfragen – Thüringen prüft eigene Wege

Nach dem Versand der neuen Grundsteuerbescheide am 10. März sehen sich die Bürgerdienste der Stadt Jena mit einer hohen Anzahl an Anfragen konfrontiert. Viele Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert und haben Fragen zur neuen Berechnung ihrer Grundsteuer. Um umfassend zu informieren und Transparenz zu schaffen, hat die Stadt Jena nun eine detaillierte FAQ (Frequently Asked Questions) zur Grundsteuerreform erstellt und online veröffentlicht. Dieses ist ab sofort auf der Webseite der Stadt Jena unter www.jena.de/news zugänglich.

Stadt Jena intensiviert die Bürgerkommunikation zur Grundsteuerreform

Die Stadt Jena betont ihr Anliegen, alle Fragen der Bürgerinnen und Bürger zur komplexen Grundsteuerreform schnellstmöglich und umfassend zu beantworten. Neben den neu eingerichteten, detaillierten FAQ steht auch ein telefonischer Service für individuelle Nachfragen zur Verfügung. Gleichzeitig bittet die Stadtverwaltung um Verständnis für mögliche Verzögerungen bei der Bearbeitung, da die Anzahl der Anfragen aktuell sehr hoch ist.

Kämmerin erläutert die Aufkommensneutralität und ihre Auswirkungen

Jennifer Michall, die Kämmerin der Stadt Jena, erklärt detailliert den Ansatz der Aufkommensneutralität: „Mit der beschlossenen Senkung des Hebesatzes von 495 auf 400 Prozent stellt die Stadtverwaltung sicher, dass das Gesamtsteueraufkommen für Jena im Ergebnis dem Stand vor der Grundsteuerreform entspricht. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass Aufkommensneutralität nicht bedeutet, dass jeder einzelne Steuerzahler exakt den gleichen Betrag wie zuvor entrichtet. Vielmehr gleichen sich die Mehrbelastungen einzelner durch die Entlastungen anderer aus.“

Finanzdezernent zeigt Verständnis für Bürgerfrust und verweist auf bundesgesetzliche Notwendigkeit

Bürgermeister und Finanzdezernent Benjamin Koppe zeigt Verständnis für die Verärgerung einiger Bürger, deren Grundsteuer aufgrund gestiegener Grundstückswerte möglicherweise deutlich angestiegen ist. Er betont jedoch die Verpflichtung der Kommune zur Anwendung der neuen gesetzlichen Regelungen: „Ich kann den Frust der Bürgerinnen und Bürger nachvollziehen, wenn die neue Grundsteuer aufgrund der Grundstückswertentwicklung teilweise erheblich ansteigt.“ Dennoch sind wir als Kommune dazu verpflichtet, die neuen bundesgesetzlichen Regelungen anzuwenden. Gleichzeitig haben wir durch die Senkung des Hebesatzes und die aufkommensneutrale Umsetzung der Reform alles getan, um die zusätzlichen Belastungen für die Steuerpflichtigen so gering wie möglich zu halten.“

Thüringen prüft die Nutzung der Öffnungsklausel für ein eigenes Grundsteuermodell

Bürgermeister Koppe begrüßt ausdrücklich die jüngste Initiative der Thüringer Landesregierung, von der im Bundesgesetz vorgesehenen Öffnungsklausel Gebrauch zu machen. Diese Klausel ermöglicht es den Bundesländern, von den bundesweiten Regelungen abzuweichen und eigene Modelle zur Berechnung der Grundsteuer zu entwickeln. „Mit einem eigenen, rechtssicheren Modell für Thüringen bestünde die Möglichkeit, der aktuell beobachteten Spreizung der Ungleichbehandlung von Wohn- und Gewerbeimmobilien entgegenzuwirken und eine insgesamt angemessenere Verteilung der Steuerlast zu erreichen“, so Koppe.

Hintergrund der Grundsteuerreform: Bundesverfassungsgericht forderte verfassungskonforme Neuregelung

Die Notwendigkeit einer Grundsteuerreform resultiert aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018. Das Gericht erklärte die bisherige Berechnung der Grundsteuer aufgrund veralteter Einheitswerte für verfassungswidrig und forderte eine Neuregelung bis Ende 2019. Als Reaktion darauf wurde 2019 auf Bundesebene eine Reform beschlossen, um eine verfassungskonforme, gerechtere und zeitgemäße Besteuerung von Grundstücken und Immobilien zu gewährleisten. Der Freistaat Thüringen hatte sich zunächst für die Anwendung des Bundesmodells entschieden, überdenkt dieses Verfahren angesichts der aktuellen Entwicklungen jedoch.